Die Nummer acht als Erfolgsgarant

Der FCB zeigte in der abgelaufenen Spielzeit zwei verschiedene Gesichter: In der Hinrunde wurde der Einzug ins europäische Geschäft verpasst und es entstand ein uneinholbarer Rückstand auf YB. Nach der Winterpause hingegen steigerte sich die Mannschaft von Marcel Koller. Insbesondere defensiv wurde sie stabiler und die Resultate verbesserten sich dementsprechend. Schlussendlich landete der FCB auf dem zweiten Platz der Rückrundentabelle, nur einen Punkt hinter dem Meister aus Bern. Zudem entschädigte der Cupsieg für die verkorkste Hinrunde.

 

Hauptverantwortlich für den (resultatmässigen) Fortschritt ist Marcel Koller, der vergangenen Sommer das Team ohne Vorbereitungszeit übernommen hat. Bekanntlich braucht eine Mannschaft aber Zeit, um sich die Ideen eines neuen Übungsleiters einprägen zu können. Bis so etwas wie Automatismen entstehen, vergeht eine noch längere Zeitdauer. Koller schätzte gegenüber dem Regionaljournal Basel, dass es ein gutes halbes Jahr brauche, bis sich die Mannschaft so eingespielt habe, wie er es wolle. Zum Cheftrainer gehört natürlich stets ein Trainerteam. Vor allem der Leiter der Athletikabteilung und Leistungsdiagnostik Ignacio “Nacho“ Torreño wird häufig als Grund für die besseren (physischen) Leistungen der Spieler genannt.

 

Schlussendlich können Trainer und Betreuer die Fussballer aber nur so gut wie möglich auf das Spiel vorbereiten. Tore schiessen und verhindern müssen die elf Akteure auf dem Platz selbst – getreu nach Otto Rehhagels legendärem Zitat: "Die Wahrheit liegt auf dem Platz." Unter den Spielern des FCB befindet sich einer, der Erfolg garantiert. Stand er auf dem Feld, holte der FCB im Durchschnitt 0,55 Punkte mehr.

 

Die Rede ist von der Nummer acht: Zdravko Kuzmanović. Nach seiner Verpflichtung im Sommer 2015 ist er erst seit einem Jahr wieder fester Bestandteil des Teams. Zuvor war er als Leihspieler in Udinese und Málaga aktiv, wo ihn diverse Verletzungen plagten. Doch seine Vergangenheit soll nicht Gegenstand dieses Artikels sein, vielmehr stehen seine Leistungen im Jahr 2019 im Vordergrund. Genau genommen kam der Mittelfeldspieler bereits in den zwei letzten Hinrundenspielen zum Einsatz. In dieser Saison wurde der serbisch-schweizerische Doppelbürger in 13 Liga- (651 Minuten) und 4 Cupspielen (190 Minuten) eingesetzt. Dabei gelangen ihm zwei Tore und eine Vorlage.

 

Sein Spiel zeichnet sich durch stetige Anspielbarkeit und präzise Pässe aus. Ballverluste sind bei Kuzmanović eine Seltenheit. Mit seiner Übersicht kann er Schwächen in der Spritzigkeit und Agilität kaschieren. Insbesondere zwei Dinge machen ihn auf dem Platz sehr wertvoll: Zum einen spielt er vertikale Bälle hinter das Mittelfeld oder die Verteidigung des Gegners mit einer Präzision, Härte und Häufigkeit wie nur wenige im Team des FCB. Zum anderen steht gefühlt die ganze Mannschaft breiter, wenn er auf dem Feld ist. Das verschafft allen Mitspielern mehr Freiraum und Platz, um Aktionen kreieren zu können.

 

Der positive Einfluss der Nummer acht auf das Spiel des FCB widerspiegelt sich statistisch. In der Zeit, in der Kuzmanović auf dem Platz stand, holte der FC Basel im Schnitt 2,31 Punkte pro Spiel. Auf eine Saison hochgerechnet wären das 83 Punkte. Diese Ausbeute hätte in den vergangenen zehn Saisons acht Mal zum Meistertitel gereicht. Einiges weniger gut ist die Bilanz ohne Kuzmanović. Stand er nicht auf dem Rasen, holte der FCB durchschnittlich nur 1,76 Punkte pro Spiel. Damit wären Ende Saison lediglich 63 Punkte auf dem Kontostand. Mit 63 Punkten resultierte in den letzten zehn Spielzeiten jeweils entweder der zweite, dritte oder vierte Rang. Die Präsenz von Kuzmanović macht somit eine Differenz von rund 0,5 Punkten pro Spiel aus. Der Einwand, dass Kuzmanović mehrheitlich in der zweiten Saisonhälfte, welche einiges erfolgreicher war als die erste, zum Einsatz kam, kann verworfen werden. Die Bilanz der Partien von Februar bis Mai spricht ebenso für Kuzmanović. So holte der FCB in der Rückrunde mit Kuzmanović durchschnittlich 2,36 Punkte; ohne ihn 1,87. Das macht eine Differenz von 0,49 Punkten.

 

In den Cupspielen zeigte sich die Wichtigkeit von Kuzmanović ebenfalls. Im Viertelfinal in Sion wurde er beim Stand von 1:2 eingewechselt, ehe noch drei Tore für den FCB fielen. Zwei Wochen später erzielte er im Halbfinal das 2:0 gegen den FC Zürich persönlich, nachdem er beim Stand von 1:0 das Feld betreten hatte. Im Final (2:1 für den FCB) kam er zum Einsatz, als der FCB bereits 1:0 in Führung lag.

 

Klar, diese Analyse arbeitet lediglich mit oberflächlichen Daten und jedes Spiel hat seine eigene Geschichte. Wie gross der Anteil von Kuzmanović am Ausgang der Partien jeweils war, können nur Einzelspielanalysen klarstellen. Weiter absolvierte der Mittelfeldstratege nur 13 von möglichen 36 Spielen (36%) und 651 von möglichen 3240 Minuten (20%). Erfolg und Misserfolg steht und fällt nicht mit einem Spieler. Nichtdestotrotz ist es subjektiv und objektiv ersichtlich, dass Kuzmanović das FCB-Spiel positiv beeinflussen kann. Dies erging auch Sportchef Marco Streller nicht, der vor dem Cupfinal gegenüber der NZZ meinte: "Wir haben keinen Match verloren, wenn er auf dem Platz war, er wird auch in der nächsten Saison eine wichtige Rolle spielen."

 

In der Vorbereitung wird sich herauskristallisieren, ob er die von Streller genannt wichtige Rolle spielen kann. Ein Abräumer, der neben Kuzmanović die Lücken schliesst, würde ihn defensiv sicherlich entlasten. Somit könnte sich Kuzmanović auf seine Stärken in der Spielgestaltung konzentrieren. Die Rolle des Abräumers kann Taulant Xhaka oder Éder Balanta einnehmen. Im 4-2-3-1-System wäre dann für Spieler wie Luca Zuffi oder Fabian Frei nur noch auf der Zehner-Position Platz. Entscheidend wird sein, ob die Verletzungsanfälligkeit Kuzmanovićs und sein zuweilen überbordendes Temperament mitspielen. Der Blick berichtete anfangs März von einer Auseinandersetzung mit Marcel Koller, weil Kuzmanović gegen Thun nicht in der Startelf stand. Ob diese Auseinandersetzung wirklich so emotional war, steht in den Sternen. Trotzdem lässt sich Kuzmanovićs Hang zu unkontrollierten Handlungen nicht leugnen. Exemplarisch dafür steht seine Aktion im Cuphalbfinal gegen Alain Nef, die auch mit der roten Karte bestraft hätte werden können. Doch kann Kuzmanović seine Emotionen kontrollieren und bleibt er verletzungsfrei, ist es gut möglich, dass er die von Marco Streller prognostizierte wichtige Rolle in der kommenden Saison spielt.

 

* Daten: www.transfermarkt.ch

 

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